Ein Bericht, der von uns im Sprach-R-ohr zum Thema Diskriminierung veröffentlicht wurde, fand große Resonanz
Es ging um einen Fall von Diskriminierung einer schwerhörigen Person (lesen Sie den Artikel bitte unten). Als Folge konnte der ÖSB die Behindertenanwältin Christine Steger für einen Fachvortrag mit anschließender Q&A-Session gewinnen.
Ein:e Schriftdolmetscher:in aus dem trans.SCRIPT-Team wird an dem Abend die Schriftdolmetschung vor Ort übernehmen.
Gut informiert kommen Sie schneller zum Ziel der akustischen Barrierefreiheit!
Wir würden uns sehr über Ihr Kommen freuen!
VOX-Fachvortragsstunde
- mit Behindertenanwältin Christine Steger
- Mittwoch, 28. Februar 2024
- 17:00 bis 19:00 Uhr
- VOX-Schwerhörigenzentrum Wien, Sperrgasse 8-10, 1150 Wien
- Anmeldung ab sofort möglich an: j.fehringer@vox.at
- Nähere Infos auf der Homepage www.vox.or.at
Bericht aus dem Sprach-R-ohr 3/2023
von Gudrun Amtmann
Die unglaubliche Geschichte
Unser hochgradig schwerhöriger Schriftdolmetsch-User, Nick (Name von der Redaktion geändert) kontaktierte die Schriftdolmetscherinnen bereits im Herbst 2022. Nick plante als selbstständig Tätiger mehrere Fortbildungen im Frühjahr 2023, um seinen Kund:innen einen noch besseren Service anbieten zu können.
Zwei Schriftdolmescherinnen reservierten sich die entsprechenden Zeiträume, dann wurde der Kostenvoranschlag an den Fördergeber übermittelt. Gewünscht wurde von Nick, dass die Schriftdolmetschung vor Ort erstellt wird, da die Qualität noch besser ist als online, denn Zwischenrufe, Stimmungsbilder, nonverbale Äußerungen etc. können gehört und von den Schriftdolmetscherinnen erfasst werden.
Entgegen seinem Wunsch wurde aus Kostengründen vom Kostenträger die Online-Variante zugesagt. Bereits im Spätwinter hielten wir das entsprechende Dokument der Behörde in Händen.
Datenschutz und Verschwiegenheit
Nick meldete sich fast 1,5 Monate vor dem Start der zweiten Fortbildung per Videocall bei uns. Enttäuscht und fassungslos berichtete er, dass das Ausbildungsinstitut ein Problem damit habe, die Schriftdolmetscherinnen zu akzeptieren. Wir vereinbarten, dass wir mit dem Institut in Verbindung treten würden.
In einem langen Telefongespräch wurde die Situation genau besprochen. Schnell wurde klar, dass die Befürchtung besteht, dass Inhalte nach außen getragen werden könnten. Dieser Vorbehalt konnte schnell aus der Welt geschafft werden, denn wir sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Verschwiegenheitsklausel findet sich sogar in unserem Kostenvoranschlag und ist eine Selbstverständlichkeit für uns.
Schriftdolmetschen ohne Stromanschluss – selbstverständlich geht das!
Weitere Punkte, die dem Institut zu schaffen machten, waren geplante Umbauarbeiten am Seminarort. Es könnte laut werden. Es könnte minuten- oder stunden-, ja sogar tageweise, der Strom ausgeschaltet werden. Auch hier konnten wir mit unserer Expertise Abhilfe schaffen. Nick erhielt alle Informationen, wie er auch ohne Strom einen ganzen Tag lang die Schriftdolmetschung konsumieren kann. Das mit dem Strom einhergehende WLAN-Problem lösten wir mit einem günstigen, monatlich kündbaren, leistungsstarken Tascheninternet. Flat Rate.
Dass die Vortragenden mit Headset sprechen sollten, stellte kein Hindernis dar, das würden diese ohnedies automatisch tun.
Alles geregelt! Wunderbar!
Oder doch nicht?
Absage durch das Institut
Nur kurze Zeit später folgte ein weiteres Telefongespräch mit dem Ausbildungsinstitut. Die verantwortliche Person des Bildungsinstitutes erklärte, dass es ihnen lieber sei, wenn Nick seine Ausbildung auf Herbst verschieben würde, sie würden ihm eine Ermäßigung von 50% auf das Seminar gewähren.
Schließlich wurde die Einigung erzielt, dass Nick vollständig eigenverantwortlich mit der Kommunikationsunterstützung umgehen würde und er von Seite des Institutes keinerlei Hilfestellung erhalten würde. Alle Beteiligten erklärten sich einverstanden damit und waren zufrieden mit der Lösung. Nick machte sich auf eine Samstags-Shoppingtour, um das benötigte Material rechtzeitig und kompakt bei sich zu haben und ausprobieren zu können, damit er während der Fortbildung keine Gedanken daran verschwenden müsse.
Nach dem Wochenende fanden Nick und wir jeweils eine Mail des Ausbildungsinstitutes vor: Sie lehnen den Einsatz von Schriftdolmetscher:innen nun gänzlich ab. Punkt.
Nick akzeptierte die neue Entscheidung des Institutes, und stimmte zu, sich ohne Schriftdolmetschung „irgendwie durchzuschlagen“. Denn er wollte nicht „weiter anecken“.
Diskriminierung
Wir waren fassungslos ob der Diskriminierung.
In solchen Fällen haben Menschen mit Hörbehinderung die Möglichkeit, sich wegen Diskriminierung an die entsprechenden Stellen zu wenden.
UN-Behindertenrechtskonvention
Wir wollen an die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) erinnern, und dass Österreich seit 2015 zur Umsetzung der UN-BRK verpflichtet ist. Das bezieht sich auch auf Ausbildungsstätten und Bildungseinrichtungen. Diesen Weg einzuschlagen, so unsere Erfahrung, ziehen viele Menschen mit der so genannten „unsichtbaren Behinderung“ nicht gerne in Betracht, da sie fürchten, „anzuecken“ – so wie Nick.
Hilfestellung durch den ÖSB bei Diskriminierung
Der ÖSB bietet auch hier Hilfestellung für Menschen mit Höreinschränkung, denn schließlich handelt es sich um das Recht auf akustische Barrierefreiheit und somit um Selbstbestimmtheit, Teilhabe und Inklusion.
(Auszug aus dem Sprach-R-ohr 03/2023)