Schulunterricht. Wieder dolmetschen wir in einer Fremdsprache – im ständigen Wechsel mit Deutsch.
Diesmal begleiten wir junge Schüler/-innen im Französischunterricht. Gleichzeitig werden unsere Sinne geweckt und der Charme des französischen Lebensstils erwacht. Am Heimweg wird ganz selbstverständlich zum Baguette statt zum Vollkornbrot gegriffen und im Kaffeehaus trinken wir in aller Ruhe einen Café au lait. C’est fantastique !
Eine „neue“ Sprache
Ja, es ist fantastisch! Die Arbeit als Schriftdolmetscher/-innen eröffnet uns nun auch Tagträume vom französischen Leben.
Die Schüler und Schülerinnen absolvieren gerade ihr erstes Französischunterrichtsjahr und wir haben ausreichend Zeit, neue Kürzelwörterbücher anzulegen.
Die Sonderzeichen
Le français birgt als geschriebene Sprache einige Herausforderungen. So zum Beispiel das „ç”, also unser ganz normales lateinisches c, das mit einer sogenannten Cedille geschrieben wird. Ein Zeichen, das auf unserer deutschen Tastatur nicht zu finden ist.
Eine Cedille ist, wie auf Wikipedia nachzulesen ist, „ein diakritisches Zeichen zur Kennzeichnung einer besonderen Aussprache eines Buchstabens. Es ist ein links gekrümmtes Häkchen in der Mitte unter dem Buchstaben, das einer 5, einem kleinen gespiegelten c, einem kleinen s oder einem z mit Unterschlinge ähneln kann.“
Wie die vielen zusätzlichen Zeichen heißen, die nun für unsere Arbeit benötigt werden, ist eigentlich nicht wichtig. Wichtig ist hingegen, dass wir – in diesem Fall das ç – im Text ohne Zeitaufwand korrekt erfassen können. Dazu legen wir eigene Wörterbücher an, mit deren Hilfe wir jederzeit und zwar am Anfang, in der Mitte und am Ende eines Wortes das c mit Cedille tippen können, ohne den Schreibfluss – und damit den Lesefluss der jungen Menschen – zu behindern. Et voilà !
Die Satzzeichen
Und schon lauert die nächste „Kleinigkeit”: Im Französischen wird als Faustregel vor hohen bzw. sogenannten „doppelten” Satzzeichen ein Leerzeichen eingefügt. Diese Interpunktionszeichen sind: das Ausrufungszeichen, das Fragezeichen, der Doppelpunkt, der Strichpunkt und die beiden Anführungszeichen. Daher heißt es für uns im Unterricht: höchste Konzentration und Umgewöhnung!
Die Lebensart
Einem Frankreichbesuch steht den Teenagern bald nichts mehr im Wege. Das dortige Lebensgefühl mit der berühmten Lässigkeit – dem Savoir-vivre, dem Wissen, wie man lebt, wie der eingedeutschte Begriff suggeriert – kennenzulernen ist viel einfacher und spannender, wenn man der Sprache mächtig ist.
So macht es Freude, in einem Straßencafé oder in einem Bistro zu sitzen und die Menschen, die um einen herumflanieren zu beobachten – und sie zu verstehen. Am frühen Abend kauft man in der Boulangerie sein Baguette und mit den bald gewonnenen Freunden lässt man sich durch den Tag treiben.
C’est superbe – das ist wunderschön!
Das Französische im Wienerischen
Viele französische Wörter und Begriffe sind uns – besonders in Wien – äußerst vertraut. Französisch war bei uns einst die Sprache der Aristokratie. Langsam haben sich einzelne Ausdrücke auch bei der Bevölkerung etabliert und sind geblieben. Bis heute.
So gehen wir in Wien gerne auf dem Trottoir und wenn wir mit unseren Fahrzeugen umkehren müssen, reversieren wir ganz einfach. Beizeiten lassen wir uns beim Coiffeur die Haare schneiden – apropos schneiden: Hunden wird je nach Rasse schon mal der Schwanz kupiert. Wenn wir zu viel arbeiten, achten wir darauf, dass uns der Plafond nicht auf den Kopf fällt. Und wenn wir uns dann in einer einfachen Berghütte auf Urlaub befinden, kann es vorkommen, dass uns für die tägliche Hygiene (griechisch) nur ein Lavoir zur Verfügung steht. Zum Glück sind die Zeiten vorbei, als sich in Wien die zentrale Wasserstelle in einer Etage befand, wo man an eben dieser Bassena den neuesten Tratsch austauschte.
Viele weitere Begriffe könnten angeführt werden. Versuchen Sie doch mal, zwischendurch besonderes Augenmerk auf Fremdwörter in der deutschen Sprache zu legen. Hinterfragen Sie die Wortherkunft. Sie werden überrascht sein, wie viel wir (besonders in Wien) übernommen haben aus dem Italienischen, dem Jiddischen, dem Französischen und nicht zuletzt aus dem Rotwelsch. Rotwelsch, das ist wiederum ein ganz eigenes Kapitel für sich und führt uns assoziativ sogleich zum Kauderwelsch.
Aber Halt: Beim Schriftdolmetschen bleiben wir immer in der jeweiligen Hochsprache zum guten und barrierefreien Verständnis!
Benötigen auch Sie Unterstützung durch uns AMTMANN-Schriftdolmetscher/-innen? Wollen Sie uns Ihre Erfahrungen mitteilen? Kontaktieren Sie uns – wir freuen uns auf Sie!
Fotos: (c) Pixaby